Individualpädagogische Reiseprojekte (§35 SGB VIII)

Individualpädagogische Reiseprojekte sind eine innovative pädagogische Maßnahme, die es benachteiligten jungen Menschen ermöglicht, in Begleitung eines qualifizierten Betreuenden Erfahrungen im In- und Ausland zu sammeln. Die folgende Beschreibung hebt die wichtigen Aspekte hervor, die für den Erfolg solcher Reiseprojekte entscheidend sind.

Leitlinien & Prinzipien

Zu den grundlegenden Prinzipien und Leitlinien gehören:

Partizipation des jungen Menschen

Es ist wichtig, dass der junge Mensch aktiv in den Entscheidungsprozess einbezogen wird und die Möglichkeit hat, seine eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Ziele für das Reiseprojekt zu äußern. Die Partizipation des jungen Menschen ermöglicht es, das Projekt auf seine individuellen Bedürfnisse zuzuschneiden und gleichzeitig seine Eigenverantwortung zu fördern.

Eine flexible Betreuung

Das Reiseprojekt sollte eine flexible Sozialstruktur aufweisen, die den Bedürfnissen und Fähigkeiten des jungen Menschen entspricht. Dies bedeutet, dass die sozialen Interaktionen und die Gruppenzusammensetzung im Verlauf des Projekts angepasst werden können, um den individuellen Entwicklungsprozessen gerecht zu werden.

Netzwerkarbeit

Eine enge Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Parteien, einschließlich des jungen Menschen, seiner Familie, der Betreuenden, der Koordinator:innen, der Mitarbeiter:innen der Jugendämter und anderen Fachkräften, ist von entscheidender Bedeutung. Dieses Netzwerk sollte regelmäßig kommunizieren und kooperieren, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse des jungen Menschen geachtet werden und eine kontinuierliche Unterstützung gewährleistet ist.

Reflexion

In unseren Reiseprojekten gibt es regelmäßige Reflexionszeiten. Wir ermutigen die jungen Menschen dazu, ihre Erfahrungen zu reflektieren, Erkenntnisse zu gewinnen und sich persönliche Entwicklungsziele zu setzen. Dies erfolgt in Abhängigkeit von Alter, Entwicklungsstand und kognitiver individueller Voraussetzungen.

Die vorgenannten Prinzipien tragen dazu bei, dass individualpädagogische Reiseprojekte zur Förderung der Entwicklung und Integration benachteiligter junger Menschen effektiv und erfolgreich umgesetzt werden können.

Ziele von Reiseprojekten

Die Ziele von Reiseprojekten sind vielfältig und werden individuell geplant:

  • die Schaffung von Möglichkeiten für junge Menschen, über ihren gewohnten Alltag hinauszublicken und neue Erfahrungen zu sammeln
  • die Förderung von natürlichen Grenzerfahrungen, um persönliches Wachstum und Entwicklung anzuregen
  • die Aktivierung sozialer Ressourcen, zur Förderung der sozialen Integration
  • die Stärkung der Kommunikations- und Bindungsfähigkeit der jungen Menschen
  • die Reduktion der Alltagsbelastung und die Schaffung von Raum für Reflexionsprozesse

Aufnahmeverfahren

Bevor ein Reiseprojekt initiiert wird, müssen verschiedene Aspekte geklärt werden. Dazu gehören:

  • die Eignung des Reiseprojekts für den jungen Menschen
  • das Vorhandensein von Ausschlusskriterien
  • die individuellen Ressourcen und Interessen des jungen Menschen
  • die angestrebten Ziele des Projekts
  • eventuell laufende Strafverfahren
  • der Gesundheitszustand des jungen Menschen
  • geplante Folgemaßnahmen nach Abschluss des Reiseprojekts

 

Im Erstkontakt zwischen dem jungen Menschen, der Koordination und dem/der Betreuerenden sollten die folgenden Fragen geklärt werden:

  • Wie soll die Reise konkret gestaltet werden?
  • Welche Erwartungen haben die Beteiligten?
  • Welche Maßnahmen sind für den Notfall vorgesehen?

Durchführung

Die Durchführung eines Reiseprojekts wird flexibel gestaltet und kann sowohl im Inland als auch im Ausland erfolgen. Voraussetzung ist, dass die geltenden Landesbestimmungen beachtet werden. Die anfänglichen Ziele können im Verlauf des Projekts an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden.

Wir sind uns der intensiven und auch anstrengenden Situation eines Reiseprojektes bewusst. Deshalb begleiten wir die jungen Menschen wie auch die Betreuenden aufmerksam und achtsam. Ziel ist es, Überforderungssituationen zu vermeiden und Lernprozessen den Weg zu ebnen.

Reiseprojekte werden gemeinsam mit dem jungen Menschen geplant. Vom ersten Moment des Projektes an, machen wir uns auf den Weg und entwickeln gemeinsame, machbare Ideen.
Die Unterbringung kann in verschiedensten Formen erfolgen und ist für eine Dauer von 6-12 Wochen vorgesehen, mit der Möglichkeit einer Verlängerung nach Bedarf.

Die "E-Kette"

Die E-Kette visualisiert den Lernprozess, indem Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen in Erkenntnisse umgewandelt werden. Während der Maßnahme kann je nach Bedarf, individuell eine Familienbegleitung implementiert werden. Die Einhaltung von Qualitätsstandards ist verpflichtend.

Die Reisebegleitung wird von Fachkräften wie Sozialarbeiter:innen, Pädagog:innen, Erzieher:innen oder geeigneten Personen durchgeführt. In der Regel ist eine 1:1-Betreuung vorgesehen, die jedoch bei Bedarf auf eine 2:1-Betreuung oder mehr aufgestockt werden kann.

Ende und Übergang

Reiseprojekte können verschiedenen Zwecken dienen, darunter:

  • die Vorbereitung auf die Rückkehr in die Herkunftsfamilie
  • die Unterstützung beim Übergang in eine stationäre Maßnahme
  • die Vorbereitung auf eine ambulante Maßnahme zur Verselbständigung

 

Ein Reiseprojekt kann vorzeitig beendet werden, wenn:

  • während der Reise schwerwiegende Regelverstöße auftreten
  • eine Selbst- oder Fremdgefährdung besteht
  • eine pädagogische Unerreichbarkeit festgestellt wird
  • gesundheitliche Gründe eine Beendigung erfordern

Erfahrungsberichte

Reiseprojekte in der Kinder- und Jugendhilfe sind in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus gerückt. Diese Projekte können eine wertvolle Ergänzung zur alltäglichen Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe darstellen und haben das Ziel, die Persönlichkeitsentwicklung der jungen Menschen nachhaltig zu fördern.

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